Für die einen gehören die Tafeln abgeschafft, für manche sind sie zum nicht nur sym­bol­is­chen, son­dern hand­festen Ort der Kapit­u­la­tion des Sozial­staats vor der staatlichen Auf­gabe der Gewährleis­tung der Existenz­sicherung armer Men­schen degeneriert.

Die Kri­tik­er arbeit­en sich ab an der ange­blichen oder tat­säch­lichen Funk­tion­al­ität der Tafeln im Sinne ein­er neuen „Abspeisung“ von Men­schen. Ihnen gewährt man zu geringe Sozialleis­tun­gen und kann sie dann auf die fast flächen­deck­ende Ver­sorgungsin­fra­struk­tur der Tafeln ver­weisen; bei denen kann man sich ja das besor­gen, was nicht über die staatlichen Leis­tun­gen abgedeckt wer­den kann.

Auf der anderen Seite zeigt die Expan­sion­s­geschichte der Tafeln, dass es offen­sichtlich eine reale Nach­frage nach den dort verteil­ten Lebens­mit­teln gibt. Dieser Nach­frage ist die the­o­retis­che Debat­te ziem­lich egal. Sie kommt für die Betrof­fe­nen kopflastig daher. Hin­ter dieser Nach­frage ste­hen Men­schen, die mit den Lebens­mit­teln der Tafeln über den Monat kom­men­müssen. Ihnen wird durch die Tafeln der Genuss von Obst und Gemüse ermöglicht. Man kann das auch leben­snäher illustrieren:

Eine lebensnahe Illustration

Jeden Don­ner­stag kommt Brigitte Köh­ler ins Gemein­de­haus der evan­ge­lis­chen Kirchenge­meinde in Berlin Span­dau– ein­er von 45 Lebens­mittelausgabestellen der Aktion‚Laib und Seele‘ von der Berlin­er Tafel. Für den eher sym­bol­is­chen Betrag von 1,50 Euro bekommt sie hier Lebens­mit­tel. Essen, das in Super­märk­ten nicht mehr verkauft wer­den kon­nte: Äpfel, die schon ein wenig schrumpelig sind, Müs­li mit beschädigter Pack­ung, Joghurt mit abge­laufen­em Min­desthalt­barkeits­da­tum. Seit 14 Jahren kommt Brigitte Köh­ler jede Woche hier­her … Und sie ist drin­gend darauf angewiesen. Die 62jährige hat fast ihr ganzes Leben lang gear­beit­et, dann wurde sie krank, nun lebt sie von Hartz IV. Das reicht vorne und hin­ten nicht.

Ich muss von mein­er Miete 70 Euro zuzahlen von meinem Hartz IV. Ich muss meinen Strom sel­ber bezahlen, mein Tele­fon muss ich sel­ber bezahlen. Meine Fahrkarte, die muss ich sel­ber bezahlen, also ich habe so, ich würde mal sagen, so gute 150, wenn es hoch kommt, für den Monat.“Rund 180 Haushalte wer­den allein in dieser Aus­gabestelle in Span­dau jede Woche mit Lebens­mit­teln ver­sorgt – manche dieser Haushalte beste­hen aus über zehn Personen.

Berechtigt für den Lebens­mit­tel­er­halt sind alle, die Arbeit­slosen­geld II, Sozial­hilfe oder eine geringe Rente beziehen – und im Kiez wohnen.

In Berlin ist vor 25 Jahren die erste Tafel ent­standen – und ger­ade heute sollte man sich den spez­i­fis­chen Hin­ter­grund der Entste­hungs­geschichte in Erin­nerung rufen.


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